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„Öffentlich“ als fortwährende Herausforderung und Kampfaufgabe

Wir vom Berliner Energietisch wollen, dass jeder Mensch selbstbestimmt in Würde, solidarisch mit den Anderen und in intakter Natur leben kann. Daher sollen alle an gesellschaftlichen Richtungsentscheidungen und d.h. insbesondere an relevanten Entscheidungen zum Eigentum teilhaben können. Öffentliches Eigentum soll jedem Menschen ermöglichen helfen, an Bildung, medizinischer Versorgung und Pflege auf hohem Niveau zu partizipieren, vor Gewalt und Klima- und Umweltzerstörung geschützt zu werden, menschenwürdig zu wohnen, sozial und ökologisch mobil zu sein, Freizeit zu genießen, an Kultur teilzuhaben. Das öffentliche Eigentum muss also quantitativ wachsen und qualitativ verändert bzw. fortschreitend verbessert werden, weshalb seine Verteidigung, Stärkung und Demokratisierung unser ständiges Anliegen ist.

Deshalb haben wir mit der Gründung des Berliner Energietisches im Sommer 2011 den Kampf um die Strom- und Energieversorgung aufgenommen, führen ihn weiterhin und haben nicht zuletzt den Gesetzentwurf „Neue Energie für Berlin“ den Berlinerinnen und Berlinern vorgelegt. Wenn wir heute insbesondere darum ringen, dass nach der Schaffung der Berliner Stadtwerke und der Rekommunalisierung der Stromnetze nun auch die Gas- und Fernwärmeversorgung in die Hand des Landes Berlin übergeht, dann, weil wir darin die Bedingung für eine sozial, klima-, umwelt- und ressourcengerechte Energiewirtschaft sehen: Berlin kann – wie Expertinnen und Experten detailliert aufgezeigt haben – ohne Belastung des Berliner Haushalts den Kauf der Wärmeversorgung organisieren, bis 2035 aus der fossilen Wärmeversorgung aussteigen und dennoch sofort den Kampf gegen Energiearmut verstärken und energisch führen.

Bereits der Begriff „Vergesellschaftung“ bzw. „gesellschaftlich“ weist darauf hin, dass Akteure sozial und ökologisch nachhaltiger Entwicklung gefordert sind, unentwegt um gesellschaftliche Veränderungen zu ringen. Die haben vielfach mit dem Staat zu tun, aber gehen weit über ihn hinaus, weshalb wir keineswegs staatsfixiert denken und handeln. Aber es geht durchaus immer insbesondere um eine stark veränderte Rolle des stark zu verändernden Staates und seines Eigentums – hier und heute befindlich in den Formen von Eigentum des Bundes, der Länder und der Kommunen (in verschiedenen Rechtsformen), auch in gemischten Formen dieser Subjekte und weiteren Institutionen wie vor allem den Sozialversicherungen. In Gestalt der Repräsentant*innen seines Apparates, der Verwaltungs- und Rechtsorgane, von Polizei und Militär und der durch ihn organisierten Infrastruktur ist der Staat ein überaus wichtiger Akteur des Eigentumssystems insgesamt. Was das konkret bedeutet, hängt ab von den materiell-technischen Bedingungen, aber vor allem von den gesellschaftlichen Akteuren und der demokratischen Zivilgesellschaft.Die Stärke der organisierten Lohnabhängigen, die Verfasstheit der Eigentümer an Produktions- und Reproduktionsmitteln und letztendlich die politischen Kräfteverhältnissen zwischen und unter ihnen bestimmen, wozu wie Eigentum im gesellschaftlichen Leben eingesetzt wird. Gesellschaftliche Interessenkämpfe finden statt und zielen auf den Staat. Aber auch innerhalb des differenzierten und verästelten Staatsapparates wird gekämpft. Wie der Staat ein umkämpftes Terrain ist, so gilt das für das öffentliche Eigentum, das de facto ein spezifisches Gruppeneigentum ist. Das alles bedenken wir bei unseren Forderungen nach Überführung konkreter Objekte wie die Berliner Gas- und Fernwärmeversorgung in öffentliches Eigentum. Weil wir ein demokratisches, soziales, solidarisches und ökologisches Berlin wollen, belassen wir es nicht bei diesen Forderungen, sondern arbeiten intensiv am Wachstum und Gebrauch des öffentlichen Eigentums – theoretisch und konzeptionell, aber vor allem politisch-praktisch. Schließlich kämpfen um dieses Eigentum auch Angehörige der Finanzoligarchie, Parlamentarier*innen, Geistes- und Kulturschaffende, Fachausschüsse, Akteure der Verwaltung und dort Beschäftigte. Dabei dreht es sich um die Durchsetzung sehr konkreter Interessen, inhaltlicher und ideologischer Positionen.Geistige Güter, Bildung, medizinische Betreuung und Pflege, Klima- und Umweltschutz, Energie und Daten, Cyberspace, Internetplattformen, Privatisierung der Natur, Aneignung genetischer Ressourcen, Genom und Weltraum sind hier Stichworte. Die wirtschaftliche Rolle des Staates nimmt hierbei bereits zu, was sich zeigt in der Organisation von wirtschaftlicher Infrastruktur, „militärischer Verteidigungsfähigkeit, innerer und äußerer Sicherheit“, besonderer Forschung und Entwicklung, Regulierung von komplexen Prozessen und Zusammenhängen. Das staatliche Eigentum, dessen Bruttovermögen ca. 14 Prozent aller Privatvermögen ausmacht, und andere Eigentumsformen wandeln sich und wir sehen dabei nicht einfach zu: Wir stellen unentwegt die Frage nach der Veränderung unserer Gesellschaft und daher die Eigentumsfrage.

Website des Berliner Energietisches: https://berliner-energietisch.net
Kontakt: Berliner Energietisch, c/o BürgerBegehren Klimaschutz e.V., Greifswalder Straße 4, 10405 Berlin, info@berliner-energietisch.net