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Brief des BET an die regierende Bürgermeisterin

An die Regierende Bürgermeisterin von Berlin
Frau Franziska Giffey

Sehr geehrte Frau Regierende Bürgermeisterin Giffey,
im Juni 2021 hatte das Land Berlin den Klimanotstand anerkannt. Der Koalitionsvertrag für die Legislaturperiode 2021–2026 und vor allem die aktuelle Politik tragen dem u. E. unzulänglich Rechnung. Wir hatten bereits mit unserer Stellungnahme zur Koalitionserklärung vom 4. Dezember 2021 deutlich gemacht, dass uns die vielen vagen Aussagen, Absichtserklärungen und Prüfaufträge in der Koalitionsvereinbarung alarmieren. Mit unseren Aktionen vom 11.12.2021 und 1.2 2022 haben wir erneut klargestellt, dass wir Energiearmut nicht hinnehmen. Die bisher eingeleiteten Maßnahmen gegen Energiearmut überzeugen uns nicht. Wir möchten insbesondere wissen, wie sich die als Rücklagen für Energiekostensteigerungen eingestellten 380 Millionen Euro zusammensetzen und in welcher Höhe ein Härtefallfonds für Bürgerinnen und Bürger im Landeshaushalt gesichert ist. Ferner möchten wir erfahren, ob und in welcher Höhe der Härtefallfonds für Bürgerinnen und Bürger zur Begleichung der überhöhten Energiekosten strukturell im Haushalt 2024/2025 verankert wird. Darüber hinaus fragen wir mit Bezug auf die Koalitionsvereinbarung:

  1. Wie wird gewährleistet, dass trotz Ablösung von Energieimporten aus Russland der Kohleausstieg an der Tagesordnung bleibt und vor 2030 geschafft ist (S. 46 der Koalitionsvereinbarung; alle weiteren Seitenangaben entsprechend)
  2. Wie wird garantiert, dass beim besonderen Bezug auf die mögliche Partizipation der Genossenschaft BürgerEnergie am Stromnetz dieses vollständig in öffentlicher Hand bleibt? (S. 47)
  3. Warum wird bei den Themen energetische Gebäudesanierung/zu gewährleistende Warmmietenneutralität, Energiearmut und Mobilität (insbesondere S. 48) nicht klar festgelegt, wie klimapolitische Herausforderungen konsequent angegangen werden und wie die Lebensqualität der Bürger*innen, insbesondere der sozial Schwächsten, verbindlich verbessert wird?
  4. Was heißt konkret bzw. wie und bis wann realisiert die Koalition folgende Prüfabsichten?
    – Bessere Verankerung des Klimaschutzes in den Landes- und Bezirksverwaltungen; Verbesserung der bezirklichen Kosten-Leistungs-Rechnung im Hinblick auf den Klimaschutz (S. 45)
    – Erschließung der Potenziale der klimaneutralen Wärme der Stadt für die Wärmeversorgung, zeitnahe Preisüberprüfung, Ausstattung der Fernwärmeregulierungsbehörde (S. 46)
    – Rekommunalisierung des Fernwärmenetzes mit dem Ziel einer beschleunigten Dekarbonisierung der Fernwärme (S. 47) und einer sozial gerechten Versorgung der Bürgerinnen und Bürger mit Fernwärme
    – Rekommunalisierung des Gasnetzes unter wirtschaftlichen und ökologischen Kriterien“ (S. 47), wobei wir die sozialen Kriterien ergänzen
    – Anschluss an das geplante Wasserstoff-Backbone.“ (S. 47)
    – Herauslösung der Berliner Stadtwerke aus den Wasserbetrieben (S. 47)
    – Ausrichtung der Sanierungen und Neubaustandards am Ziel der Klimaneutralität und Sozialverträglichkeit; Erarbeitung einer Sanierungsstrategie, die auch die Themen Fachkräftebedarf und serielle Sanierung berücksichtigt
    – Verstetigung und Weiterentwicklung bestehender Förderprogramme des Landes; Vorbildfunktion der öffentlichen Hand (S. 48)
    – gemeinsame Infrastrukturplanung Berlin-Brandenburg, Beauftragung einer Machbarkeitsstudie mit dem Ziel, einen planbaren und sozialverträglichen Ersatz von Erdgas in der Energieversorgung (S. 46) zu realisieren.
  5. Wie erfolgt die breite demokratische Diskussion der Prüfergebnisse unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft?

Wir stehen für Nachfragen zur Verfügung und erwarten eine Antwort auf unsere Fragen bis zum 31.08.2022.

Mit freundlichen Grüßen

Plenum des Berliner Energietisches
Berlin, den 28. Juli 2022

Anmerkung: Gleichlautende Schreiben gehen an Die regierende Bürgermeisterin, die zuständigen Fachsenator*innen, die Fraktionen der Koalitionsparteien im Berliner Abgeordnetenhaus